Wie wir arbeiten:
„All we need is to nurture writers“
Schreibende bekommen im writers´studio, was es im deutschsprachigen Raum sonst kaum gibt. Von Judith Wolfsberger
Die kalifornische Autorin Jerrilyn Farmer sagte in ihrem Seminar „Writing a Mystery Novel” an der UCLA, das Judith Wolfsberger besucht hat, zum Beispiel: „10 years ago I was attending this class". Auch sie hatte erst lernen müssen, wie Krimischreiben funktioniert. In den USA gilt es als selbstverständlich und cool, Schreibseminare zu besuchen, Genrekompetenzen auszubauen, Schreibstrategien zu reflektieren und sich mit anderen Schreibenden auszutauschen. Die Seminare machen Spaß, tun gut und finden auf sehr hohem Niveau statt.
Solche Erfahrungen in den USA hat auch die Sozialwissenschafterin, Journalistin (und Schreibtrainerin im writers'studio) Birgit Schreiber aus Bremen gemacht. Als sie sah, dass die Amerikanerin Rebecca Walker im writers´studio ein Seminar hält, war sie begeistert, weil sie dafür nicht über den Atlantik fliegen musste. Wien, ein Katzensprung. Dann bemerkte sie, dass sie im writers´studio Seminare nach amerikanischer Methodik auch in deutscher Sprache erleben konnte. Birgit Schreiber sagt: „Dank des wertschätzenden, kompetenten Feedbacks von Ana Znidar wie auch der Gruppe hatte ich schon am Ende des ersten Memoir-Wochenendes ein autobiographisches Buchprojekt geplant. Nach drei weiteren Seminaren denke ich, dass meine biographisch-literarischen Texte nicht nur mir selbst zugute kommen sollen. Artikel über Sachthemen zu publizieren, bin ich gewohnt, aber über Persönliches gut lesbar zu schreiben, braucht eine Menge mehr Mut und Unterstützung. Auch meinen Blog konnte ich nur beginnen, weil mich die amerikanische Art des Schreibens, die im writers´studio vermittelt wird, weiter beflügelt.“
Was bedeutet der „American Way of Teaching“ konkret? Nach über einem Dutzend Seminaren in den USA und einem Gespräch mit dem Autor und Professor for Creative Writing, T. C. Boyle, hat Judith Wolfsberger ein kleines Wörterbuch der Grundprinzipien der amerikanischen Schreiblehre zusammengestellt:
Teach Craft: Schreiben ist ein Handwerk, das jeder lernen kann. Es gibt dazu Methoden, Tricks und Erfahrungswerte und es braucht viel Praxis. Zum Handwerk zählt auch, die Besonderheiten eines Genres, einer Textart zu analysieren und auszuprobieren.
Show Process: Wer Schreiben als Prozess versteht und für jede Phase Strategien kennt, schreibt bessere Texte. Der schrittweise Weg zum fertigen Text wird in den Seminaren pragmatisch offengelegt.
Give Feedback: Feedback-Methoden kennen viele, aber die amerikanischen „responses“ auf Texte von Kolleg*innen sind eine andere Liga! Sie machen Spaß, bestärken ungemein und steigern wie nichts sonst die Textqualität und Schreibkompetenz.
Encourage: T.C. Boyle sagt über seine Lehrer am Iowa Writers Workshop „they tried to promote and encourage me” und „they were unfailingly kind and generous“. Fördern und Ermutigen, das sind die Grundhaltungen der amerikanischen Schreiblehre. Das tut unendlich gut und ermöglicht erstaunliche Lernprozesse und Texte. Schluss mit der verletzenden Negativkritik!
Nurture: „There is a multitude of people out there with great, great gifts. All we need to do is nurture them“, sagt T.C. Boyle. Schreibende „nähren“, das ist das Prinzip, nicht aushungern und alleine lassen!
Offer Community: In Workshops nebeneinander zu schreiben, inspiriert ungemein; eine unmittelbare Leser*innenschaft bringt Klarheit über eigene Texte und positiven Termindruck. Den Mythos vom einsamen Genie allein zu Haus schicken wir in die Wüste.
Allow Expression: Die amerikanische Schreibdidaktik weiß, dass die Kraft des Schreibens am stärksten ist, wenn ureigene Themen, Anliegen und Geschichten erzählt werden und ermutigt gerade dazu.
Empower: Wer sich schreibend ausdrücken kann, wächst über sich hinaus, wird ermächtigt zu gesellschaftlicher Teilhabe. Schreiben soll weder Zuschauersport noch eine Eliteveranstaltung sein.
Wir sind jedenfalls sehr stolz auf unser im deutschsprachigen Raum einzigartig breites und offenes Angebot an Schreibseminaren, ganz im Sinne des American Way of Teaching.
Hier zum Nachlesen der ganze Artikel aus dem writers'letter 2014: Hauptartikel von Judith Wolfsberger und der Artikel "Genährt und Ermutigt"von Judith Wolfsberger im TEXTArt Magazin Nr. 2, Juni 2014.
Der writer'letter wird jährlich im Sommer kostenlos verschickt. Hier geht's zur Bestellung :-)